Corona Virus Tirol
Das Corona Virus (Covid-19) hat in Tirol im Februar/März 2020 gewütet. Tausende Touristen wurden infiziert. Den Behörden ist auf allen Ebenen – Gemeinde, Bezirk, Land und Bund – ein Multiorganversagen vorzuwerfen. Besonders in Ischgl hat man zu lange zugewartet bis man Lokale und Lifte geschlossen hat und schließlich die Wintersaison vorzeitig am 13.3.2020 beendet hat. Das Chaos bei der Abreise hat Bundeskanzler Kurz durch eine verfrühte Ankündigung einer Quarantäne verursacht. Die Infizierten mussten in den Heimatländern in Heimquarantäne, ins Spital, auf Intensivstationen und 32 Personen sind an Covid-19 verstorben.
Der VSV hat über 6000 Beschwerden aus 45 Ländern dieser Welt gesammelt, ein Strafverfahren auf Schiene gebracht und klagt derzeit – mit Deckung durch Rechtsschutzversicherungen – in hunderten Fällen die Republik Österreich auf Schadenersatz (Amtshaftung). Weitere tausende Fälle werden – sowie ein Prozeßfinanzierer gefunden ist – in Form einer Sammelklage nach österreichischem Recht eingeklagt werden.
Inzwischen haben die Erstrichter*innen am Landesgericht für
Zivilrechtssachen Wien (LGZ) viele, der bislang über 100 eingebrachten Klagen abgewiesen. Das Argument: Alle gesetzlichen Grundlagen würden nur die Allgemeinheit, nicht aber Individuen schützen.
Doch im Juli 2022 hat sodann das Berufungsgericht (Oberlandesgericht Wien) diese Urteile aufgehoben. Die Presseaussendung des Landes Tirol vom 5.3.2020 sei bewußt irreführend gewesen und daher liege rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vor. Die Erstrichter*innen müssten nun aber noch die Kausalität prüfen. Zuvor wird aber der Oberste Gerichtshof über Rekurse beider Seiten zu entscheiden haben. Wir haben gute Chancen, aber die Verfahren werden dauern.
Bundeskanzler Nehammer hat auf den Vorschlag des VSV vom 26.7.2022, statt dessen einen „Runden Tisch“ zu organisieren, bis heute nicht reagiert.
Sehen Sie hier unsere aktuelle Einschätzung in der Pressekonferenz des VSV am 9.9.2022.
2.3.2023: Der VSV hat am 1.3.2023 für 121 Betroffene eine Sammelklage gegen Bund und Tirol eingebracht. Streitwert 3,4 Millionen Euro.
Weitere Anmeldungen nehmen wir daher nicht mehr entgegen. Wir werden aber weiter berichten.
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Ischgl und die Folgen
Am 17.9.2021, 10.00-12.00 fand am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (LGZ) die erste mündliche Verhandlung in einem Amtshaftungsverfahren gegen die Republik Österreich statt. Es ging um einen an Covid-19 verstorbenen Journalisten.
Weitere über 100 Klagen sind anhängig. In erster Instanz werden die Klagen laufend abgewiesen. Doch die Wende ist erreicht. Das Berufungsgericht (OLG Wien) hat Ersturteile aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Zuvor wird aber der Oberste Gerichtshof noch über die Rekurse beider Seiten zu entscheiden haben.
Am 9.9.2022, 13.00 – 17.00 findet am LGZ Wien eine mündliche Verhandlung statt, in der nicht nur die Republik sondern auch ein Hotelier aus Ischgl geklagt wurde.
Der VSV hat Bundeskanzler Kurz am 24.9.2020 einen „Runden Tisch“ vorgeschlagen. Darauf gibt es bis heute keine Reaktion.
Der VSV wirft den Behörden der Gemeinde, des Bezirkes Landeck, der Landesregierung und des Bundes ein „Multiorganversagen“ vor, dass dazu geführt hat, dass alleine in der Woche zwischen 7. und 13. März 2020 in Ischgl mindestens über 2000 Personen infiziert und geschädigt wurden.
- Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) und die Landes- und Bezirksbehörden sowie der Tourismusverband Paznauntal (TVB) wussten seit 4.3.2020, dass sich isländische Urlauber in Ischgl angesteckt haben und in Island zeitnah positiv auf Corona getestet wurden. Am 5.3.2020 hat aber der Landespressedienst eine faktenwidrige Presseaussendung gemacht, wonach sich die isländischen Urlauber offenbar im Flugzeug auf der Heimreise angesteckt hätten. Statt zu warnen wurde die Öffentlichkeit schlicht belogen. Das gilt auch für jene Urlauber, die sich vor der Anreise bei Hotels oder dem TVB erkundigt haben. Denen wurde – bis 12.3.2020 – nicht offengelegt, dass die Pandemie bereits Ischgl erreicht hatte. Man hätte bereits am Wochenende 7./8.3.2020 das Paznauntal schließen, oder zumindestens eine Reisewarnung herausgeben müssen. Vor diesem Wochenende gab es nicht nur 14 nachgewiesene Covidfälle von Islandtouristen mit Bezug zu Ischgl, sondern auch noch weitere 5 aktuelle Covid-Fälle mit Ischglbezug. Der Barkeeper des Kitzloch war nicht der erste Covidfall vor Ort, sondern der 5.te!
- Die lokalen Behörden haben die Schließung von Apres Ski Bars und die Verkehrseinschränkungen in Bussen und Gondeln jeweils nur mit unerklärlicher Verzögerung angeordnet bzw vollzogen. Das Kitzloch musste den Behörden bei richtigem Contat-Tracing als Superspreaderlocation schon seit spätestens 6. Februar bekannt sein. Dennoch wurde es erst am 9. Februar geschlossen. Das Virus ging in Ischgl um und eine Ansteckung war überall möglich; nicht nur in Bars oder Gondeln.
- Landeshauptmann Platter wollte am Wochenende 13./14./15.3.2020 die Wintersaison in Ischgl geordnet beenden. Die Urlauber sollten in Ruhe abreisen und keine weiteren mehr anreisen. Doch Bundeskanzler Kurz bestand – ohne dafür zuständig zu sein – auf einer sofortigen Quarantäne für Österreicher und Personal und die sofortige Abreise der Ausländer. Platter hat das zur Kenntnis genommen und sah in der Folge nur noch die Stäbe zuständig, diesen Wunsch umzusetzen.Um 14.00 verkündete Bundeskanzler Kurz in einer Pressekonferenz, dass das Paznauntal und St. Anton „ab sofort“ isoliert seien. Er löste damit eine überstürzte Abreisewelle von über zehntausenden Urlaubern und Saisonarbeitern aus. Schließlich waren vormittags noch etwa 7.000 Urlauber auf den Pisten unterwegs.Nach der Ankündigung von Kurz wollten alle nur noch schnell das Tal verlassen. Es gab zwar ab 14.00 Polizeikontrollpunkte, aber keine rechtliche Grundlage, jemanden an der Ausreise zu hindern. Mit der erforderlichen Verordnung hatten die zuständigen Behörden zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen. Für Wegstrecken von etwa 1 Stunde brauchten Busse und Autos 3 Stunden und mehr. Wer sich bis dahin in Ischgl nicht infiziert hatte, wurde nun in den Fahrzeugen angesteckt. Tausende Infizierte wurden auf Europa verteilt.
Diese Fehler sind nicht auf Unkenntnis im Umgang mit einer Pandemie rückführbar. Denn zuvor hatte die Landessanitätsdirektion bereits mehrfach richtig gehandelt: So bei der sofortigen Sperre des Hotels Europa in Innsbruck am 25.2.2020 oder bei der Anhaltung eines Zuges aus Italien am Brenner, wegen des Verdachtes von zwei infizierten Passagieren. In Ischgl war alles anders. Das liegt daran, dass dort 2-3 Millionen Euro pro Tag im Tourismus vereinnahmt wurden. Man kämpfte um jeden Tag, den man länger offenhalten konnte. Man hat Ökonomie über die Gesundheit der Gäste gestellt.