Fehlerhafte Verhütungsspiralen von Eurogine – Amtshaftung
OGH sieht auch Einzelpersonen durch Medizinproduktegesetz geschützt
Wien (OTS) – Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einem Amtshaftungsverfahren gegen die Republik Österreich wegen Versäumnissen des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) im Zusammenhang mit fehlerhaften Verhütungsspiralen der Firma Eurogine klargestellt, dass das Medizinproduktegesetz (MPG) auch den Schutz von Einzelpersonen bezweckt und daher Schadenersatzansprüche auf das MPG gestützt werden können.
„Das ist eine höchst erfreuliche Entscheidung des OGH, die den betroffenen Frauen Hoffnung auf Entschädigung macht,“ freut sich Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Obfrau des Verbraucherschutzvereines (VSV).
Der spanische Hersteller der Verhütungsspiralen hat im Frühjahr 2018 eine Reihe von Chargen seiner Produkte zurückrufen müssen, da ein Materialfehler auftrat. Die Kunststoffarme der Spiralen wurden vorzeitig brüchig und sind daher bei der Entfernung oder auch spontan gebrochen. Teile der Arme blieben häufig in der Gebärmutter der Frauen zurück. Bei rechtzeitiger öffentlicher Warnung hätten die Frauen zum einen diese Spiralen nicht mehr einsetzen lassen oder diese Spiralen so rechtzeitig (nach etwa drei Jahren) entfernen lassen können und hätten sich viel Leid und Aufregung erspart.
Das BASG hat jedoch erst im Herbst 2020 – nach einer Medienanfrage – eine öffentliche Warnung auf seiner Homepage vorgenommen. Die spanische Behörde hatte dagegen bereits 2018 und die deutsche Behörde 2019 öffentlich gewarnt.
„Das BASG hat daher wegen verspäteter Warnung zu verantworten, dass tausende Frauen die Spiralen erst nach der empfohlenen Tragedauer von 5 Jahren entfernen ließen und die Spiralen dabei regelmäßig gebrochen sind,“ erläutert Daniela Holzinger-Vogtenhuber. „Noch ärger sind aber jene Fälle, wo die Frauen bei rechtzeitiger Warnung, die Spiralen gar nicht mehr hätten einsetzen lassen.“
Der VSV führt seit Herbst 2020 eine Sammelaktion für betroffene Frauen durch. Bei Gerichten in Österreich sind an die hundert Gerichtsverfahren – mit Deckung durch Rechtsschutzversicherungen – gegen den Hersteller anhängig. Über 2000 Betroffene haben sich beim VSV gemeldet.
„Um jenen Frauen – die keine Versicherung haben – zu helfen, wird der VSV nunmehr mit Unterstützung eines Prozessfinanzierers mit Sammelklagen gegen die Republik Österreich vorgehen,“ kündigt Peter Kolba, Chefjurist des VSV an. „Der Finanzierer trägt das Prozesskostenrisiko und bekommt vom Erlös 35% Erfolgsquote.“
Diese Aktion ist auf Frauen, die beim VSV Mitglieder sind, beschränkt. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 40 Euro im Kalenderjahr und ist der einzige finanzielle Aufwand für die Teilnahme.