Acht Jahre Diesel-Skandal – ein Rück- und Ausblick

Deutsches Kraftfahrbundesamt droht Mercedes mit Entzug der Benutzungsbewilligung

Am 18.9.2015 wurde – durch eine Pressemitteilung der US Umweltbehörde – der Abgasbetrug von VW in den USA öffentlich gemacht.

In den USA zahlte VW sehr rasch rund 26 Milliarden Euro an Schaden- und Strafschadenersatz. Gleichzeitig erklärte der VW-Vorstand, dass die Rechtslage in Europa anders sei und daher in Europa kein Schadenersatz angeboten würde. In den USA waren 600.000 Fahrzeuge betroffen, in Europa dagegen 8,3 Millionen (VW, Audi, SEAT, Skoda).

Der VKI sammelte im Herbst 2015 rund 28.000 österreichische Geschädigte und brachte eine Strafanzeige gegen VW ein. Doch die AK lehnte eine Sammelklage gegen VW ab – man solle den Ball „flachhalten“. Ein Grund, weshalb Peter Kolba im Jänner 2017 nach 27 Dienstjahren den VKI verlassen und den unabhängigen Verbraucherschutzverein (VSV) ins Leben gerufen hat.

Erst im Frühjahr 2018 erlaubte die AK unter dem Druck des Konsumentenschutzministeriums eine Sammelklage. Der VKI brachte – gezwungen durch Zuständigkeitsfragen – für 10.000 Geschädigte 16 Sammelklagen bei den 16 österreichischen Landesgerichten ein. Die Klagen sind auf 20% Preisminderung gerichtet. VW verzögert diese Verfahren mit allen Mitteln. Das erste Urteil im Juli 2023 sprach in erster Instanz nur 4% Preisminderung zu. Alle Verfahren sind noch anhängig.

In Deutschland gab es im Jahr 2018 eine Musterfeststellungsklage des vzbv gegen VW. Der VSV brachte 1000 Fälle aus Österreich und Südtirol ein. Es kam aber zu einem außergerichtlichen Vergleich. Die Geschädigten bekamen rund 15% des Kaufpreises angeboten. Das Angebot galt aber nur für deutsche Geschädigte – somit nicht für Österreicher.

In Deutschland sind – über Organisation des VSV – dzt rund 600 prozessfinanzierte Einzelklagen gegen VW anhängig. Eine Reihe wurde verglichen, in vielen wird VW dzt am laufenden Band verurteilt. Hier wurde auf Rückabwicklung geklagt: Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung gegen Rückgabe des Kaufpreises.

Da die Nutzungsentschädigung – als lineare Abschreibung des Kaufpreises – mit jedem gefahrenen Kilometer den Schadenersatz mindert, setzt VW auch hier alles daran, die Verfahren zu verzögern.

Während VW vor Zivilgerichten behauptet, es gäbe keinen Betrug und keinen Schaden, laufen gegen Vorstände von VW und Audi Strafverfahren und ein Vorstand gab bei Markus Lanz offen zu: „Ja, wir haben betrogen.“ Dennoch geht die Verzögerungsstrategie auf.

Doch der Skandal blieb nicht auf VW beschränkt: Inzwischen stehen fast alle Dieselhersteller – insbesondere in Deutschland (Mercedes, BMW, Opel, Porsche) – im Verdacht, illegale Abschalteirichtungen verwendet zu haben.

Vor allem seit Urteilen der Europäischen Gerichtshofes (EuGH), des Obersten Gerichtshofes (OGH) und des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) ist auch klargestellt, dass das sogenannte „Thermofenster“ – das ist die Abschaltung der Abgasreinigung unter 15 Grad und über 30 Grad – illegal ist und den betroffenen Fahrzeugen letztlich ein Entzug der Zulassung droht. Davon sind insbesondere auch Fahrzeuge von VW mit dem Motor E 288 betroffen.

Das deutsche KBA hat daher etwa Daimler Mercedes unlängst gedroht, den Modellen der E-Klasse 350 (3l, Euro 6) die Typengenehmigungen zu entziehen.

Die Deutsche Umwelthilfe klagt derweilen vor dem Amtsgericht Schleswig das KBA auf Unwirksamerklärung von vielen Typisierungen.

„Der Diesel-Skandal hat wesentlich dazu beigetragen, dass tausende Menschen wegen der oft 40-fach überhöhten Stickoxid-Gase (NOx) verstorben sind bzw erkrankten. Doch in Europa gibt es bis heute keine effektive Sammelklage, wie etwa in den USA. Solange man den Unrechtsgewinn bei den Unternehmen nicht wirksam abschöpft, fehlt jede General- und Spezialprävention,“ sagt Peter Kolba, Chefjurist des VSV. „Der VSV unterstützt daher weiterhin risikolose (prozessfinanzierte) Klagen gegen Dieselhersteller.“

Die EU Richtlinie zu Verbandsklagen (Sammelklagen) hätte in Österreich bereits bis 25.12.2022 umgesetzt sein müssen. Bis heute gibt es in Österreich nicht einmal eine Regierungsverlage.

„Wir hoffen, dass die EU-Kommission nun rasch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleitet,“ sagt Kolba. „Denn sonst gilt in Österreich weiter: Unrecht darf sich lohnen.“

Service: https://www.verbraucherschutzverein.eu/sammelaktionen/